Zum Projekt ByeDV –
Beyond digital violence

Das Projekt Beyond Digital Violence - Capacity Building For Relevant Professionals Working With Children and Young People Who Experienced Sexualised Violence Using Digital Media (ByeDV) 

Foto von links: Das Team von ByeDV - Katharina Kärgel (SRH Hochschule Heidelberg), Maj Walter (Wildwasser Marburg e.V.), Jule Hopf (Profamilia Thüringen Kinder- und Jugendschutzdienst Känguru), Ralph Bruder (Kinderschutzzentrum Ulm), Marco Roock (Männerbüro Hannover e.V.), Sonja Kroggel (Kinderschutzzentrum Ulm), Anna Polzin (Frauen gegen Gewalt e.V. Westerburg), Claudia Wienand (Frauen gegen Gewalt e.V. Westerburg), Frederic Vobbe (SRH Hochschule Heidelberg). Außerdem Teil des Teams, aber nicht auf dem Foto abgebildet, sind: Sylvia Fein (DGfPI) und Ulrike Mund (DGfPI).

Startete im Mai 2021 im Verbund der SRH Hochschule Heidelberg und der DGfPI e.V. mit dem Ziel, auf Bundes- und EU-Ebene einen Diskurs zum fachlichen Umgang mit mediatisierter sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche anzustoßen und zu begleiten.

Digitale Medien sind ein untrennbarer Teil der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen und somit ein bedeutsamer Sozial- und Sozialisationsraum, der maßgeblichen Einfluss auf ihre persönliche Entwicklung nimmt. 

Die Online-Welt kann vielfältig genutzt werden, wie z.B. für Gaming, Dating und Chatten und gehört so zum Hauptzeitvertreib von Kindern und Jugendlichen. Sie nutzen medienbasierte Technik, um Anderen zu begegnen, zu kommunizieren, sich zu präsentieren, sich zu informieren und zu unterhalten. Sie erwerben neues Wissen, es bilden sich Werte, Meinungen und Verhaltensmuster aus. On- und Offline-Welt gehen fließend ineinander über.

Soziale Medien haben als Erfahrungsraum und Medium des Austauschs sowie der Identitätsbildung positive Wirkungen, jedoch dürfen Risiken weder übersehen noch verharmlost werden.

Die kontinuierliche Weiterentwicklung des Alltags durch digitale Medien wird zunehmend täter:innenstrategisch instrumentalisiert. Informations- und Kommunikations-
technologien werden, ebenso wie technische Geräte und Datenträger, zur Anbahnung, Verübung und Aufrechterhaltung sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche eingesetzt. Allmählich finden Aspekte der sogenannten Mediatisierung sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche auch in den Handlungsempfehlungen bestehender Präventions- und Schutzkonzepte Beachtung. An entsprechenden Orientierungshilfen für die Krisenintervention, Sekundär- und Tertiärprävention fehlt es in Deutschland jedoch weitgehend. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) von Dezember 2017 bis April 2021 geförderte Vorgänger-Projekt von ByeDV, „HUMAN. Entwicklung von Handlungsempfehlungen für die pädagogische Praxis zum fachlichen Umgang mit sexualisierter Gewalt mit digitalem Medieneinsatz“, wurde vor diesem Hintergrund in dem Bestreben umgesetzt, die Charakteristika des fachlichen Umgangs herauszuarbeiten und fallbasierte Handlungsempfehlungen für die pädagogische Praxis zu entwickeln.

Im Rahmen des Projekts ByeDV wurden die aus dem HUMAN-Projekt entstandenen Handlungsempfehlungen, in insgesamt fünf Beratungsstellen in einem Zeitraum von 18 Monaten angewendet, reflektiert, diskutiert und implementiert.

Die Teams DGfPI – Deutsche Gesellschaft für Prävention und Intervention bei Kindesmisshandlung, -vernachlässigung und sex. Gewalt e.V. und SRH-Hochschule Heidelberg unterstützten hierbei. Die beteiligten Beratungsstellen waren: Das Kinderschutzzentrum Ulm/ Neu-Ulm e.V., Frauen gegen Gewalt e.V. Westerburg, Profamilia Thüringen - Kinder- und Jugendschutzdienst Känguru, Männerbüro Hannover e.V. und Wildwasser Marburg e.V.

In regemäßigen Intervisions-Workshops kamen die Mitarbeitenden der beteiligten Fachberatungsstellen zusammen, legten (Zwischen-) Ziele fest, definierten Maßnahmen zur Zielerreichung und reflektierten gemeinsam den Stand der Implementierung.

Gegenstand dieser Prozessreflexion waren u.a. der Austausch darüber, welche positiven Effekte sich durch die Anwendung der Handlungsempfehlungen im Team der jeweiligen Beratungsstelle, aber auch im Austausch mit Fachkräften dazu, feststellen ließen.

Dabei stellte sich heraus, dass die Handlungsempfehlungen auf der einen Seite zu einem sichereren Umgang mit Fällen von sex. mediatisierter Gewalt führten. Auf der anderen Seite aber weiterhin auch häufig ein Gefühl der Überforderung im Umgang mit solchen Fällen bestand.

Bild: Kärgel/ Vobbe: Sexualisierte Gewalt und digitale Medien - Reflexive Handlungsempfehlungen für die Fachpraxis. Book Open Access 2022.

Ziel der Reflektionsprozesse, sowohl während der Intervisionsworkshops, als auch der, im Anschluss daran von den Fachberater:innen ausgefüllten, umfangreichen Reflektionsbögen, war es, Qualitätskriterien für einen fachlichen Umgang mit mediatisierter sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche zu erstellen. Darüber hinaus entwickelte das Team SRH mit Unterstützung des Fachbeirats von ByeDV eine internationale Strategie zur Verbreitung, um mit den Qualitätskriterien auch andere EU-Länder zu erreichen. Im internationalen Austausch steht hierbei das Wissen um die Unterstützungsstrukturen für betroffene Kinder und Jugendliche im Fokus.

Das Ergebnis des Projektes „Qualitätskriterien für einen fachlichen Umgang mit mediatisierter sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ ist in Form von thematisch unterschiedlichen Broschüren online abrufbar:

Qualitätskriterien

Weiter Informationen unter: https://byedv.de/

Weiterführende Literatur zum Thema:

  • Kärgel/ Vobbe: Sexualisierte Gewalt und digitale Medien - Reflexive Handlungsempfehlungen für die Fachpraxis. Book Open Access 2022.
  • Kärgel, K., Vobbe, F. & Cylus, R. (2022). Beyond Digital Violence. Take Action against Cyber Sexual Violence, SRH Hochschule Heidelberg. Zugriff am 12.10.2022. (2020). Mobile Medien – Neue Herausforderungen. Unterrichts- materialien. Mobile Medien – Neue Herausforderungen. Zugriff am 12.10.2022.
  • Maschke, S. & Stecher, L. (2022). „Ich habe so etwas erlebt – und will es nie wieder“ Sexualisierte Gewalt aus der Perspektive Jugendlicher: Fakten, Einordnungen und Prävention (1. Auflage). Weinheim: Julius Beltz GmbH & Co. KG.
  • Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest. (2021). JIM-Studie 2021. Jugend, Information, Medien. Basisuntersuchung zum Medien- umgang 12- bis 19-Jähriger. Stuttgart.
  • Oerter, R. & Montada, L. (Hrsg.). (2008). Entwicklungspsychologie. Lehrbuch (Grundlagen Psychologie, 6., vollst. überarb. Aufl.). Weinheim: Beltz.
  • Vobbe, F. (2018). Cyberspace und sexualisierte Gewalt. In A. Retkowski, A. Treibel & E. Tuider (Hrsg.), Handbuch Sexualisierte Gewalt und pädago- gische Kontexte. Theorie, Forschung, Praxis (S. 306–314). Weinheim: Beltz.